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15.02.2005
Thesen der Ausbaukritiker zum Ausgang des Mediationsverfahrens B 10
Am 09.
Februar haben die Mitglieder des Mediationsforums B 10 den Abschlussbericht zu
den neun Sitzungen im Jahr 2004 einvernehmlich verabschiedet. Überschattet wurde
diese letzte Sitzung von der zufälligen und deprimierenden Entdeckung, dass dem
Verkehrsministerium privilegierter Zugang zum Abschlussbericht und damit
erhebliche Einflussmöglichkeit zugestanden worden war, noch bevor die Teilnehmer
der Mediationsrunde Gelegenheit zur Bearbeitung des vom Mediationsteam
vorbereiteten Entwurfstextes hatten.
Von der am Freitag, dem 11. Februar, erfolgenden Übergabe des Schlussdokuments
an den Verkehrsminister in Mainz sind die Mitglieder der Mediationsrunde
ausgeschlossen. Unter dem Eindruck dieser Begleitumstände ziehen die
verfahrensbeteiligten
ausbaukritischen
Verbände und Bürgerinitiativen nach Verfahrensschluss mit folgenden Thesen
Bilanz:
1.) Es ist bedauerlich, dass im Verlauf der Diskussion trotz vieler Übereinstimmungen keine gemeinsame Empfehlung, weder über den drei- noch über den vierstreifigen Ausbau, möglich war.
2.) Das
Mediationsverfahren
als grundsätzlich zu begrüßende Verfahrensweise der Konsensfindung
hat
sich auch ohne vorläufig greifbaren Konsens gelohnt.
Im Verlauf der 9 Foren ist auf beiden Seiten ein erstaunlicher Lernprozess in
Gang gekommen, der in anderer Form fortgesetzt werden sollte.
„Scheitern“
ist somit kein geeigneter Begriff zur Bewertung des nun abgeschlossenen
Verfahrens.
Es brachte beiden Seiten eine Fülle bisher unbekannter
Informationen und Einsichten.
Bis zu einem gewissen Grad führte es zu gegenseitigem
Verständnis.
3.) Ein durchgängig vierspuriger Ausbau der B 10, der das Queichtal zu einem
Korridor für europäischen Transitverkehr entwerten würde, darf nicht das letzte
Wort sein.
Hierin besteht völlige Übereinstimmung
zwischen den Bürgerinitiativen, einem Fahrgastverband und Umweltverbände der
Südpfalz einerseits und den Queichtalkommunen Rinnthal, Stadt und
Verbandsgemeinde Annweiler, Albersweiler, Siebeldingen, Birkweiler sowie der
Stadt Landau und dem Kreis Südliche Weinstraße andererseits.
Konsens zwischen West- und Südpfalz besteht immerhin darin, dass aus der
B 10 keine Autobahn werden soll, dass sie nicht attraktiv für zusätzlichen
Durchgangsverkehr von außerhalb gemacht werden dürfe.
4.) Schädlich und hinderlich für die Konsensfindung im Verfahren war die
doppelte Rolle der Landesregierung.
Diese war nicht nur Auftraggeberin und Herrin
des Verfahrens, sie war auch
gleichzeitig durch Personen- und Referentenzahl überrepräsentierte und dominante
Partei im
Verfahren. Mediationsverfahren aber funktionieren nur bei gleicher Augenhöhe
aller Beteiligten.
Es musste jeden Moderator überfordern, unter solchen Voraussetzungen nach
dem win-win-Prinzip einen Konsens herbeizuführen.
Offenbar drängte die Landesregierung das Verfahren in Richtung eines
Akzeptanzgewinnungsverfahrens.
5.) Substanziell einziges Zugeständnis der Landesregierung war ihr vages Versprechen, bei vierspurigem Ausbau sich gegenüber der Bundesregierung zukünftig für einige über das gesetzliche Maß hinausgehende Lärmschutzmaßnahmen einzusetzen.
6.) Demgegenüber zeigten die Ausbaukritiker Kreativität mit dem Vorschlag
eines ganzen Maßnahmenbündels.
Hierzu gehörte die Präsentation eines intelligenten Verkehrsleitsystems auf der
Basis durchgängiger Dreispurigkeit. Ein solches System wäre nicht nur um den
Faktor zehn kostengünstiger als ein vierspuriger Ausbau, es würde auch zeitnah
ein leistungsfähigeres, flüssigeres und sichereres Verkehrsgeschehen
ermöglichen.
Dies sollte flankiert sein von einem kundenfreundlich organisierten
Schienennahverkehr auf vorhandener Queichtalstrecke mit Regionalbahn
und umsteigefreiem Regionalexpress Saarbrücken - Karlsruhe
mit einer Zeitersparnis von fast 1 Stunde, beides busvertaktet; ergänzend hierzu
wurde ein Güterverkehrszentrum bei Pirmasens-Nord
vorgeschlagen.
7.) Alle von den Ausbaukritikern vorgeschlagenen Maßnahmen, die unterhalb eines vierstreifigen Ausbaus liegen, können kurzzeitig umgesetzt werden. Dagegen werden Effekte, die man sich von einem vierspurigen Ausbau verspricht, frühestens in 20 bis 30 Jahren wirksam.
8.) Kein einziger der seit Februar 2004 mit Experten abgehandelten Themenblöcke erbrachte zwingende Argumente für einen durchgängig vierspurigen Ausbau. Dies zeigt sich insbesondere an Folgendem:
Strukturpolitisch:
Vierstreifigkeit wäre eine Maßnahme, die
der Westpfalz nichts bringt und der Südpfalz
nur schadet.
Verkehrsinfrastrukturausbau ist in fortgeschrittenen Industriegesellschaften
und bei bereits erreichter Netzdichte keine hinreichende Voraussetzung
für Wirtschaftswachstum.
Die oft vermuteten
regionalwirtschaftlichen Effekte sind nach Expertenmeinung weder belegbar noch
quantifizierbar noch prognostizierbar.
Bei einem Vergleich westpfälzische und südpfälzischer Verhältnisse sollte
nicht unbeachtet bleiben, dass das Bruttoinlandsprodukt und die
Realsteuerkraft je Einwohner in Pirmasens merklich höher liegt als in Landau.
Demographisch:
Ebenfalls wirklichkeitsfremd wirken die teuren Ausbauwünsche angesichts der
geschätzten Bevölkerungsrückgänge von 18 bis 35 Prozent
und deren notwendigen Auswirkung auf die
Verkehrsentwicklung.
Zeitökonomisch:
Die vollständige Erfüllung der Ausbauwünsche würde zwischen Hinterweidenthal
und Landau eine Zeitersparnis von gerade mal 3 Minuten
bringen. Hieran zeigt sich ein verheerendes
und absolut unökonomisches Kosten-Nutzen-Verhältnis.
Alleine schon die Beseitigung der Ampelkreuzung in Hinterweidenthal erbrächte
diese Zeitersparnis.
I. A. U. Mohr
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